«...einem großen Jahrgang steht nichts im Wege!»

Der Corona-Jahrgang

Wir dürfen Sie beruhigen. Dieses Krisen gebeutelte Jahr hat auch seine Sonnenseiten, nämlich in den heimischen Weingärten, wo die vielversprechende Lese teilweise immer noch andauert. Das ist deutlich später als zum Beispiel letztes Jahr, aber dem Witterungsverlauf entsprechend völlig normal: Späte Blüte, ein nicht zu heißer Sommer, kühle Nächte, kaum Trockenstress. Extremniederschläge und Hagel immerhin nur punktuell. Kurzum: (Fast) alles im grünen Bereich!

Im Auge des Falken

Wir haben uns auch heuer wieder selbst ein Bild von den Trauben gemacht und waren für Sie im traditionsreichen Falkenstein lesen, dem historischen Herzen des Weinviertels. Schon beim Reinfahren ins nördlich gelegene Falkenstein kommt man ins Schwärmen. Ein Weindorf wie aus dem Bilderbuch. Die malerischen Hänge rundherum, im Tal die puppigen Häuser der circa 450 Einwohner, dazwischen die urigen Weinkeller und Heurigen …und stets im Blick: die alles überragende Burgruine. Diese ist so alt wie die Geschichte des Weinviertels selbst, dessen Besiedlung wohl im 11. Jahrhundert ihren Anfang nahm.

Die Weinviertler Tugenden

Wenn Kellermeister Michael Preyer und Chefwinzer Christian Körner nicht gerade große Burgunder ausbauen, dann kümmern sie sich um die hiesige Paradesorte, die circa die Hälfte des Sortenspiegels ausmacht. Der Weinviertel DAC 2019 mit dem Namen „Alte Reben“ hat gerade erst den Grüner Veltliner Grand Prix von Falstaff gewonnen. Wie so ein perfekter typischer Weinviertler eigentlich zu sein hat? In erster Linie muss er unbedingt trocken sein! Er soll eine frische Fruchtigkeit aufweisen, das kann typischer Apfel sein oder auch gerne mal in die exotische Richtung von Grapefruit und Maracuja gehen. Zudem darf die gewisse Würze nicht fehlen. Das „Pfefferl“, wie man so gerne sagt. Insgesamt ist ein leichtfüßiger Stil mit eleganter Mineralik gewünscht.

Die wahre Herkunft des Geschmacks

Apropos Mineralik! Zugegeben, der Begriff wird heutzutage etwas inflationär verwendet. Dabei ist es für viele immer noch schwer zuzuordnen, was eigentlich gemeint ist. Das einfachste Beispiel von mineralischem Geschmack ist Salzigkeit. Im Weinviertel sowie in vielen anderen Regionen haben wir eine ganz klare historische Erklärung für die mineralische Prägung der Weine. Diese finden wir in den Kalkmergelböden, die uns verraten, dass es vor Abermillionen Jahren an gleicher Stelle noch Austern und Haie gab anstatt von Reben und Schweinen. Ja, wenn auf den Flaschen „Muschelkalk“ steht, kommt das nicht von irgendwoher, sondern tatsächlich von den Ablagerungen des Urmeeres Thetys.

Folglich ist der typische österreichische Wein in seiner Wurzel doch zutiefst mediterran.

Das beste kommt zum Schluss

Abschließend erklärt Christian Körner vom Weingut Dürnberg selbst, dass es noch längst nicht ausgestanden ist:

Nach einer Serie von Regentagen, deren niedrige Temperaturen – Gottseidank – die Trauben geschützt haben, sind jetzt noch einige Rieslinge und Veltliner dran. Hier heißt es Nerven bewahren! Gerade die sehr spät und kalt gelesenen Trauben haben immer schon besonderen Stoff hervorgebracht, auch wenn es mal November wird. Wichtig ist der richtige Zeitpunkt und die selektive Ernte – einem großen Jahrgang steht nichts im Wege!

Fazit: Auch wenn aktuell viele Winzer mit Umsatzeinbrüchen zu kämpfen haben, gehen Sie in der akribischen Qualitätsarbeit keinerlei Kompromisse ein. Sie haben teilweise sogar den Fokus noch mehr auf lagerfähige Weine gerichtet – eine nachhaltige Denkweise, die sich bestimmt noch lohnen wird!

Oliver Wolf,
Sommelier